Gemeindegeschichte ab 1848 (Rudolf Freinschlag)

Entstehung der Gemeinden Dimbach und Gassen[1]

Staatskanzler Fürst Metternich zog unter dem schwachen Kaiser Ferdinand I. einen Polizeistaat auf. Die Unzufriedenheit wuchs und so brach im Jahr 1848 in Wien der Aufstand aus. Im neu gewählten Volksparlament stellte Hans Kudlich den Antrag, das Untertänigkeitsverhältnis der Bauern mit allen Rechten und Pflichten abzuschaffen. Dieser Antrag fand große Zustimmung.

Foto: Zeitungsbericht: „Der Bauer ist frei!“ (34/1769)

Zuerst hatte der Kaiser bereits Robot und Zehent aufgehoben, die die Grundbesitzer bereits in Geldzahlungen zu entrichten hatten. Um die Grundherrschaften für die verlorenen Untertanen zu entschädigen, richtete man Grundentlastungskommissionen ein. Diese ermittelten für jede Liegenschaft den Wert und Ertrag. Man kann diese Ermittlung durchaus mit einer Einheitswertfeststellung vergleichen. Der Wert der Liegenschaften wurde durch drei geteilt, ein Drittel zahlte der Staat als Ablöse an die Grundherrschaft, ein Drittel der Bauer und auf ein Drittel mussten die Grundherrschaften verzichten. Die Bauern waren nun freie Besitzer, sie bewirtschafteten in Eigenverantwortung und ohne Absicherung durch eine übergeordnete Grundherrschaft ihre Liegenschaften. Die Steuern und Abgaben wurden nicht mehr von der Grundherrschaft eingehoben, sondern an neu errichtete Steuerämter bezahlt. Für die Sicherheit sorgte nun eine militärisch organisierte Gendarmerie.

Durch die Beseitigung der Grundherrschaft wurden die „freien Gemeinden“ geschaffen und als „Grundfeste des freien Staates“ bezeichnet. Damit entstand die Gemeindeselbstverwaltung, wie sie bis heute richtungsweisend ist. Hatte schon Kaiser Josef II. das Land in Katastralgemeinden eingeteilt, so wurden nun auf dieser Basis im Pfarrgebiet Dimbach die Gemeinden Dimbach und Gassen errichtet. Die Verwaltung besorgten der „Gemeindevorsteher“ (erst später setzte sich die Bezeichnung Bürgermeister durch) und der „Gemeindeausschuss“ (später Gemeinderat). Als Amtsstube wurde meist die Stube des Bürgermeisters oder die Wirtshausstube genutzt. Als übergeordnete Behörden entstanden die Bezirkshauptmannschaften (vorerst in Grein und ab 1868 in Perg), die Statthalterei Linz und das Innenministerium. Der junge Kaiser Franz Joseph schränkte zwar bald die Selbstverwaltung der Gemeinden wieder ein, endgültig festgelegt wurden die Aufgaben der Gemeinden aber dann 1862 mit dem Reichsgemeindegesetz, das in Grundzügen bis heute Gültigkeit hat.

1875 wurden die Gemeinden Dimbach und Gassen zusammengelegt. Im gleichen Jahr wurden auch die Gemeinden St. Nikola mit Struden, Wetzelstein und Panholz mit Kreuzen, Riedersdorf mit Pabneukirchen und St. Georgen/W. mit Henndorf und Linden vereinigt. Gleichzeitig wurde auch festgelegt, dass die vereinigten Gemeinden den Namen ihrer Haupt- bzw. Pfarrorte erhalten.

Foto: Protokoll über die Gemeindezusammenlegung von Dimbach mit Gassen (77/2155)

Die Marktkommune

Die Errichtung der Gemeinden im Jahr 1848 änderte nichts am Bestand der Marktkommunen, sie verwalteten ihr Gemeinschaftsvermögen weiter selbst. Als Einnahmen in Dimbach verblieben die Jahrmärkte und Kirtage, Pachteinnahmen sowie der Wasserzins. Die Ausgaben betrafen die Erhaltung des Dorfbrunnens samt Zuleitungen sowie der Waschhütte und das Entgelt des Mesners für das Uhraufziehen. Er erhielt z.B. im Jahr 1938 dafür S 5,00. Bei Feierlichkeiten (Fronleichnam, Primiz) wurden „Schwibbogen“ gebunden. Das Böllerschießen war ein eingeführter Brauch, die Kosten dafür trug auch die Marktkommune.

Endgültige Auflösung der Marktkommune:

Fotos: Übereinkommen über die Auflösung der Marktkommune im Jahre 1938 (77/2220), (77/2221)

Foto: Inventarliste der Marktkommune aus dem Jahre 1936 (77/2222)

Mit der Einführung der reichsdeutschen Gemeindeordnung wurden sämtliche Marktkommunen aufgelöst und die Gemeinde trat die Rechtsnachfolge an. Unterschrieben wurde das Übereinkommen vom 14. Dezember 1938 von Bürgermeister Leopold Neulinger und vom Obmann der Marktkommune Johann Lumesberger, Dimbach 3, der damit der letzte Markt- oder Kommunevorsteher in Dimbach war.

Foto: Johann Lumesberger – letzter Kommunevorsteher (77/2223)

Eine Besonderheit ist das sogenannte „Kommunehölzl“ („Schindtergrabenhölzl“). Dieses hätte ebenfalls in Gemeindeeigentum übergehen sollen, doch es schienen einzelne Personen als Eigentümer auf. Bei der Anlage des alten Grundbuches um 1800 wurden anstelle der Liegenschaften als Eigentümer die damaligen Eigentümer von 13 Bürgerhäusern eingetragen. Bei Besitzwechsel eines Bürgerhauses hätte jeweils auch der neue Eigentümer beim Kommunehölzl mit übernommen werden müssen. Dies ist nur bei 6 Liegenschaften erfolgt, beim Rest sind noch längst verstorbene Eigentümer aus früherer Zeit eingetragen. Im Jahr 1934 regte das Bezirksgericht an, im Wege des Amtes der OÖ. Landesregierung die Personennamen durch die Liegenschaften zu ersetzen. Es erfolgte jedoch keine Umsetzung. Nur von alters her wissen die derzeitige Eigentümer der beteiligten Häuser, wer beim Kommunehölzl Miteigentümer ist. Die Grundbuchsordnung kann nur durch eine sogenannte Aufsandung, die für jeden nicht aktuellen Besitzer durchgeführt werden müsste, hergestellt werden.

Die Gemeindesitzungsprotokolle seit dem 8. November 1908 sind noch alle vorhanden. Wo die Sitzungen anfangs stattfanden und wer Protokollführer war, ist nicht festgehalten. Auf Grund des Schriftbildes ist anzunehmen, dass der spätere Bürgermeister Leopold Neulinger, der bereits im Gemeindeausschuss war, die Schriftführung inne hatte.

In der Zeit von 1941 bis Juni 1945 wurden mit dem Hinweis „Laut der nationalsozialistischen Gemeinde Folge 24 vom 22. Dezember 1940 Seite 288 darf das Protokollbuch nicht mehr weitergeführt werden.“ keine Protokolle geführt. Es liegen jedoch einige lose Zettel mit sechs Sitzungen vor.

Foto: 1. Seite des Gemeindesitzungsprotokolls aus dem Jahre 1908 (77/2156)

Wichtige und bemerkenswerte Beschlüsse:

21. März 1909: Ein Beitrag an die Feuerwehr ist in das Budget aufzunehmen.

28. März 1909: Einlegertage sind mit 1 k 20 h zu bezahlen.

7. November 1909: Eine Gemeindebierumlage pro Hektoliter von 2 k wird eingehoben. Ein halber Liter Bier kostete im Jahr 1914 16 h.

21. August 1910: Frau Maria H. hat um Unterstützung von 10 k monatlich und eine Wohnung angesucht. Der Gemeindeausschuss beschließt, dass sie den Sohn, der schon über 20 Jahre alt ist, und die Tochter mit ca. acht Jahren weggeben kann, da sich Leute finden, die die Kinder nehmen, die schon ein wenig zur Arbeit brauchbar sind. Mit den zwei kleineren Kindern kann sie sich fortbringen, wenn sie arbeiten will. „Eine Wohnung ist für dieselbe nicht zu bekommen, da ihr sittliches Verhalten ein derartiges ist, daß selbe ein ordentlicher Besitzer nicht nehmen will. H. hat jetzt als Witfrau 4 Kinder, …“ Sollte H. nicht einverstanden sein, wird sie mit dem jüngsten Kind in Naturaleinlage übernommen.

11. Dezember 1910: Durch die Einheiratung des Franz Hinterleitner mit der Witwe Rosina Harrer wurde in das Haus die erforderliche Ordnung hineingebracht. Daher sind die Fremdenzimmer wieder zur Beherbergung für Fremde geeignet.

12. März 1911: Carl Hinterndorfer ersucht um Beitragsleistung zur Reparatur seiner Maschinenhand.

27. Februar 1916: Einführung der Hundesteuer wird beschlossen. Hunde sollen gering, Hündinnen jedoch stark besteuert werden.

18. Juni 1916: Die Gemeinde Dimbach soll wöchentlich 8 Rinder abliefern. Es wird beklagt, dass der Rinderpreis sehr niedrig ist und nur die Händler von der Regulierung der Preise profitieren. Weiters wird empfohlen, zuerst das Wild abzuschießen und dann erst die Landwirtschaft heranzuziehen.

14. September 1919: Mesner und Organist Weilbuchner möchte wieder, wie vor Kriegsbeginn üblich, Getreide sammeln. Dies wird bewilligt, aber die Zahlung der Gemeinde entfällt.

6. Jänner 1920: Es sollen die Häute der Rinder beschlagnahmt werden, um den Mangel an Leder zu beheben. Kaum jemand kann sich Schuhe leisten, Dienstboten überhaupt nicht.

30. April 1920: Beschluss über die Anschaffung von Notgeld wegen Kleingeldmangel. Stückelung 10, 20 und 50 Heller im Gesamtbetrag von 20.000 Kronen.

13. August 1922: Den Wegemachern Aigner (von 24.000 auf 300.000 Kr) und Haider (von 16.000 auf 200.000 Kr) wird der Lohn erhöht.

8. September 1926: Es wurde Beschwerde geführt, dass während der Gottesdienste Kegelgeschoben wird. Dies ist nun bei Strafe nicht mehr gestattet (S 5,00 für das erste Mal und S 10,00 für das zweite Mal) und eventuell wird auch eine Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft Perg gemacht.

6. Oktober 1935: Über Antrag des Bürgermeisters ist ein Ehrungszeichen für unseren verstorbenen Bundeskanzler Dr. Dollfuss zu bestimmen. Der Gemeindetag beschließt, dass der Marktplatz als „Dollfussplatz“ bezeichnet wird.

22. März 1936: Bürgermeister Neulinger bringt dem Gemeindetag die Zuschrift der Bezirkshauptmannschaft in Perg vom 4. März 1936 zur Kenntnis, wo alle Mitglieder des Gemeindetages das Abzeichen der Vaterländischen Front jederzeit zu tragen haben.

22. März 1936: Eine Fahrradsteuer wird eingehoben.

24. April 1938: Sitzung des Gemeindebeirates: Die Bezeichnung des Marktplatzes als „Dollfußplatz“ wird aufgehoben.



Vergl.: 1000 Jahre Oberösterreich Landesausstellung Wels 1983