Bäuerliches Handwerk (Günther Gerlinger)

Vieles musste „damals“ aus wirtschaftlichen Gründen selber hergestellt werden.

Auf den verstreut liegenden Bauernhöfen auf dem Lande entwickelte sich zuerst das Lohnwerk oder die Stör. Handwerker wurden zur Durchführung der Arbeit ins Haus aufgenommen. Für ihre geleisteten Dienste erhielten sie Kost und Lohn. Steinmetze und Maurer wurden zum Beispiel für die Herstellung eines steinernen Krautbottichs damit belohnt, dass der Grander mit Getreide gefüllt wurde.

Kleinere Betriebe entstanden anfangs durch Zusammenschluss mehrerer Bauern (Gemeinschaftssägen, Sägewerke, Hammerschmieden usw.).

Zur gleichen Zeit entstanden auch die ersten Gewerbebetriebe. Der Rohstoff wurde jetzt zum Besitzer des jeweiligen Gewerbebetriebes gebracht. Das Garn kam zum Weber, das Getreide zum Müller, das Mehl zum Bäcker usw.

Die Meister der jeweiligen Handwerke organisierten sich bald darauf in Zünften. Es wurden Lehrlinge ausgebildet, die später als Gesellen auf die „Walz“ mussten. Dadurch dürfte sich das bäuerliche Handwerk auch weiterverbreitet haben, da sich mancher handwerklich geschickte Bauer oder Knecht dabei etwas abgeschaut haben dürfte. Die Kinder der Bauerssöhne, die auf keinen Hof heirateten, hatten nun nicht nur die Möglichkeit, als Knecht zu arbeiten, sondern konnten auch einen Handwerksberuf erlernen. Bald schon gab es in vielen Gemeinden geschickte bäuerliche Handwerker, die in den verschiedensten handwerklichen Tätigkeiten ihr Bestes gaben.

Da Wochen- als auch Jahrmärkte nur in Märkten oder Städten abgehalten werden durften, wo eben das gewerbliche Handwerk ihre Waren feilbot, kann man sich vorstellen, wie benachteiligt kleinere Gemeinden diesbezüglich waren. Hier gab es nur die Möglichkeit von Kirtagen. Da fehlte jedoch die Vielfalt der verschiedenen Handwerksberufe, da diese, mit Ausnahme der Müller und Wirte, nur in Orten, die das Marktrecht besaßen, ausgeübt werden durften.

Nur mit der Weberei verdiente sich mancher Häusler ein Zubrot. Auch der Handel mit diversen Produkten war bei Strafe verboten! So war es natürlich verständlich, dass man sich untereinander aushalf und vielleicht sogar die erste handwerkliche Schattenwirtschaft entstand.

Der Flachsanbau war bei uns weit verbreitet und damit auch die Weiterverarbeitung dieses Produktes. Hier entwickelte sich das Handwerksgeschick der Bäuerinnen und Mägde. Wenn die Frauen damals schon durch die Religion und das soziale Leben eher benachteiligt gewesen sein dürften, so möchten wir das berücksichtigen und mit dem bäuerlichen Handwerk der Frauen beginnen.

Foto: Flachsfeld (44/1920)

Die blau blühenden Flachsfelder waren früher im Mühlviertel weit verbreitet. Fast jeder Bauer bestellte auch ein kleines Flachsfeld. Im Frühling wurde der Flachs möglichst dicht gesät, damit die Stängel gerade und ungeästet wuchsen. Höchstens alle fünf Jahre durfte auf dem gleichen Feld Flachs gepflanzt werden. Frau Fichtinger (Unterschlager) erinnert sich: „Des Jäten war a Weibergschicht.“ Erntemonat war meist der Juli. Vor der Samenreife erfolgte das Raufen oder Ernten. Den richtigen Zeitpunkt erkannte man am besten, wenn die untere Hälfte des Stengels gelb wurde. Der Flachs wurde nicht gemäht, sondern „gfangt“. Das heißt, er wurde büschelweise ausgerissen und büschelweise übereinandergelegt. In „Kornmandlgröße“ wurde er für ca. 14 Tage auf dem Feld gelagert. Das ermöglichte eine gleichmäßige Sonnenbestrahlung. Nach der Trocknung wurden Blätter, Kapseln und Wurzeln entfernt. Auf der Riffelbank wurden die Stängel durch ein kammartiges Eisen gezogen. Nach einer längenmäßigen Sortierung der Stängel ließ man die äußere Rinde und holzige Innenteile verfaulen. Zum „Rösten“ legte man die Stängel auf eine abgemähte Wiese oder auf ein Stoppelfeld. Die in dünnen Schichten aufgelegten Stängel waren Tau, Regen und Sonnenschein ausgesetzt und mussten häufig gewendet werden. Nach etwa zwei bis drei Wochen folgte eine nochmalige Trocknung durch Sonnenschein, auf Trockenböden oder im „Boofa“ (Backofen), damit sie spröde wurden. Mit der Flachsbreche wurden die holzigen Teile in kleine Stücke gebrochen und von den Blattfasern getrennt. Nun erfolgte das „Schwingen“, damit die holzigen Stückchen herausfielen. Bevor weiterverarbeitet werden konnte, musste noch „gehechelt“ werden. Das heißt, der Flachs musste drei Mal durch immer enger werdende Zinken oder Hechel gezogen werden. Dabei wurden die noch vorhandenen Holzstückchen und die kurzen Fasern ausgezogen, die brauchbaren Fasern aber getrennt und geordnet. Die Güte der Faser wurde bestimmt nach Farbe, Glanz, Feinheit, Länge, Reinheit, Weichheit und Festigkeit.

Foto: Die Blüte des „Gemeinen Flachs“ (44/1923)

Danach wurde der Lein gesponnen. Frau Fichtinger kann sich noch ans Spinnen erinnern: „Fünf Spinnradl san in da Stubn gstand`n, und ba 1200 hot`s gschnoizt. (bei feinem Stoff und Zwirn). Bäuerin hot gspunna, wauns net gschnoizt hot.“

Anschließend hat man den Lein gewoben. Das gewobene Leinen hieß „Leiwadlezn“, das waren Stoffbahnen mit 15 m Länge und 1 m Breite. Danach bleichte man den Stoff noch in der Sonne. Der feine Stoff wurde zu Leintüchern, Handtüchern und Tischtüchern weiterverarbeitet. Den groben Stoff nannte man „Rupfen“, daraus wurden die „Grantblochan“ für Leiterwagen hergestellt.

Früher hielt man auch Schafe, oder es zogen Schafherden durch. Natürlich wurde auch Schafwolle verarbeitet. Einen Teil der Schafwolle verarbeitete die Magd für den Eigenverbrauch, den Überschuss an Wolle verkaufte man an gewerbliche Schafwollspinner und Spinnereien in der Umgebung.

Vor der Schur trieb man die Schafe zur Reinigung der Wolle durch eine Schwemme. Nach der Schur wurde die Wolle getrocknet, gekämmt und gesponnen. Dazu benötigte man ein Spinnrad, das mit der Hand zu drehen war. Ein gewöhnliches Spinnrad hätte sich zu stark gedreht und die Wolle hätte sich nicht verfilzt. Sobald die Sachen gestrickt waren, gab man sie in ein Schaff mit siedendem Wasser. Danach wurden die Strickwaren eingeseift und gewalkt. Dazu benötigte man ein Walkbrett und ein Stück gerilltes Holz, mit dem der Strumpf oder der Handschuh bearbeitet wurden. Mit diesem Vorgang erreichte man das Eingehen, Verfilzen und Reinigen des Gestrickten. Anschließend wurde gefärbt.

Foto: Spinnen von Schafwolle beim Groß Dipplhofer in Großerlau 37 (46/1497)

Die Pferde- und Ochsenfuhrwerker, die damals in großer Zahl durch unsere Täler und auch durch Dimbach fuhren, benötigten besonders widerstandsfähige Handschuhe. Die „Dimbacher Schecken“ wurden geboren. Namensgeberin war die „Sogfeila Cecilia“ nahe der Vogelsammühle im Gemeindegebiet von St.Georgen/W. Hier zogen die Fuhrwerke mit ihren gescheckten Pferden vorbei. Von diesen kamen Name, Farbe und Muster der Handschuhe. Diese Handschuhe wurden mit „Pechöl“ (Föhrenöl) gewalkt und dadurch besonders widerstandsfähig gemacht. Daher dürften sie bei den Fuhrwerkern auch sehr beliebt gewesen sein.

Die Weberei war ein weitverbreitetes bäuerliches Handwerk, welches auch vielfach von Frauen ausgeübt wurde. Es gab fast kein Bauernhaus, das nicht Kinder und Gesinde zur Weberarbeit verpflichtete. Einerseits wurde der Eigenbedarf an Leinwand abgedeckt, andererseits wurde im Auftrag von Leinwandherren gearbeitet, was auch ein wichtiges Nebeneinkommen bedeutete. Auch im Ausland war die „Mühlviertler Leinwand“ wegen ihrer hervorragenden Güte sehr begehrt.

Eine weitere bäuerliche Tätigkeit war das sogenannte „Federnschleißn“. Dabei wurden hauptsächlich zum hl. Martin, jedoch auch während des ganzen Jahres, bei den lebenden Gänsen die Flaumfederchen vom Gänsekiel gezogen und in Tuchenten gefüllt. Alle Kinder bekamen als Aussteuer solche Tuchenten.

Weiters gehörte zu fast jedem Bauernhaus ein Backofen („Boofa“). Das Backen war natürlich Frauenarbeit.

Gerstenkaffee machen, das kennen noch manche alte Bauersleute bei uns. Frau Aistleithner (Daxberger) konnte sich auch noch daran erinnern.

Auch den „Karlmacher“ gab es früher bei uns. Er fertigte aus Stroh und Weidenruten Körbe an. Diese geflochtenen Körbchen fanden als „Brotkarl“ (geflochtene Brotkörbchen) Verwendung. Beim Lehner am Burgstall (Lackerhansl) wurden solche Körbchen noch lange hergestellt.

Foto: Anfertigen von Strohkörberl durch Angela Lehner (Lackerhansl) in Kleinerlau 15 (44/444)

Das Korbmachen war auch ein sehr verbreitetes bäuerliches Handwerk. Hier kann neben anderen namentlich Herr Rafetseder (Kleineder) genannt werden. Zur richtigen Auswahl der Haselnussstauden brauchte es Erfahrung. Diese bis zu zehn Zentimeter dicken Äste mussten nämlich astrein sein. In einem besonders konstruierten Dampfkessel wurden die Äste in siedendes Wasser gestellt. Das mittlere Kernstück der Haselnussstange wurde für die Korbrippen verwendet, die seitlichen Späne (Zoan) wurden auf der „Hoanzlgoas“ mit einem Reifmesser bearbeitet und zum Flechten vorbereitet. Beim Reifbiegen musste man dann zusammenhelfen. Kleine und große (von 20 cm bis 100 cm Durchmesser) Einkaufs-, Holz- und Strohkörbe entstanden.

Foto: Korbflechten bei Familie Schwaighofer (Dickerl) in Kleinerlau 20 (44/572)

Auch einen „Häferlflicker“ gab es in fast jeder Gemeinde. Meistens war das auch ein „Banderer“ (Person mit besonderem Handwerksgeschick für allerlei Arbeiten). Da die Bevölkerung großteils sehr arm war, wurden löchrige Häferl, Töpfe, Reindl, Weitlinge und Pfannen nicht weggeworfen, sondern sie wurden „geflickt“, das heißt, sie wurden vernietet. Und das viele Male, bis es wirklich nicht mehr ging. Ihre letzte „Ruhestätte“ fanden solche Behältnisse oftmals im nahen Wald. Herr Nenning (Unter Höftner) galt als solch ein „Banderer“.

Der „Schaufelhacker“ war wahrscheinlich schon eher ein gewerbliches Handwerk. Bei uns in Dimbach ist der Hausname „Schaufelhackerwagner“ bekannt. Hier dürfte sogar der verwandte Beruf des „Wagners“ hinzukommen. Der Schaufelhacker selbst durfte gewerblich nur Holzschaufeln herstellen. Es gab Schaufeln zum Fassen des Obstes, kurzstielige zum Fassen der Maische und der Kartoffeln und zum Umkehren des Malzes, die sogenannte Bräuerschaufel, Getreide- und Müllerschaufeln, kleine Mehlschaufeln, Ofenschüsseln, die man zum Einschießen und Herausnehmen des Brotes benötigte und die „Fleisch- und Buttermultern“.

Die wichtigsten Arbeitsgeräte waren die „Hoanzlbank“, ein Schraubstock, ein scharfkantiges, dachrinnenartig gehöhltes Werkzeug, ein Schaber und ein Rundmesser. An einem Tag wurden zwei Schaufeln angefertigt.

Auch die Köhlerei dürfte ein bäuerliches Handwerk gewesen sein. In Gemeinden mit hohem Waldanteil gab es auch viele Kohlstätten. Es war eine sehr verantwortungsvolle und auch gefährliche Arbeit. Als erstes wurde mit dem Aufbau des „Quandelschachtes“ begonnen. Dieser konnte rund oder viereckig sein. Er diente zur Aufnahme des nötigen Brennmaterials. Gegen diesen Schacht stellte man senkrecht die Meterhölzer. Je weiter sie vom Schacht standen, umso schräger wurden sie angelehnt. Dennoch durften die Abstände nicht zu groß sein, damit keine schädigende Luftzufuhr gegeben war. Lücken wurden mit kleineren Holzstücken gestopft.

Foto: Köhlerei in Grünburg bei Steyr (44/1922)

Nach diesem Arbeitsschritt stieg der Köhler auf den Meiler, verlängerte den Quandelschacht und begann mit dem Aufbau der zweiten oder dritten Schicht, die immer schräger zum Liegen kam. Damit der Schacht frei blieb, wurde eine Stange hineingesteckt. Schließlich deckte der Köhler den Meiler mit Moos, Laub und Nadelstreu zu. Als zweite Deckschicht folgte eine Lage aus Sand oder Erde. Anschließend wurde die Quandelstange entfernt und brennende Holzstücke in den Schacht geworfen. Mit der Stange verteilte man die Glut, und als weitere Füllung warf man Holzkohlenreste dazu. Bei einer zufriedenstellenden Rauchentwicklung wurde der Quandelschacht mit Grasplatten verschlossen. In den ersten Tagen musste immer wieder Brennmaterial nachgeleert werden. Dies war nicht ungefährlich. Im Inneren konnten Hohlräume entstehen und man konnte leicht einstürzen.

Foto: Köhler beim Aufschichten (44/1921)

Anfangs betrug die Temperatur um die 270 Grad. In dieser Trocknungszeit bildeten sich starke Wasserdämpfe, die die Bedeckung feucht und daher undurchlässiger machten.

Der Meiler begann im Inneren zu schwitzen. Hinzu kamen Gase und die Explosionsgefahr stieg. Tag und Nacht musste der Köhler beobachten, um rechtzeitig eingreifen zu können. Durch die Anbringung von Löchern konnte das Feuer so geleitet werden, dass eine gleichmäßige Verkohlung stattfand. Dadurch konnten aber auch die Holzgase abgeleitet werden.

Die Güte der entstehenden Holzkohle stieg mit der Temperatur. Während bei 400 Grad etwa 80 Prozent Kohlenstoff in der Kohle enthalten war, kam man bei 500 Grad auf fast 90 Prozent. Gleichzeitig erhöhte sich die Festigkeit der Holzkohle. Solange der Rauch dick qualmte, ging die Verkohlung noch vor sich. Wurde er bläulich, war das ein Zeichen, dass die entstandenen Kohlen zu brennen begannen. Schnell mussten die Abzugslöcher verschlossen werden. Da der Meiler bei der Verkohlung an Umfang verlor, musste er immer wieder zusammengeschlagen werden. Dadurch verlor er die ursprüngliche Form. Von der Witterung, der Größe des Meilers und von der Geschicklichkeit des Köhlers hing es ab, wie lange die Verkohlungsdauer betrug. Bei einem Inhalt von 100 Kubikmeter Holz musste man mit 14 Arbeitstagen rechnen. Von dieser Menge erhielt man 50 bis 75 Kubikmeter Holzkohle.

Nach ein bis zwei Tagen Abkühlungszeit begann der Abbau mit der obersten Schicht. Durch das Öffnen und den entstehenden Luftzug konnten glühende Kohlen noch leicht Feuer fangen. Große Kohlenstücke fanden für die Schmiedefeuer Verwendung. Die Reste wurden zum Füllen der nachfolgenden Meiler aufgehoben.

Fam. Lumesberger (Ober-Ebersdorfer) berichtete von mehreren Kohlstätten. Vom Großvater weiß man auch noch vom Kohlentransport nach St. Nikola. Sehr wahrscheinlich wurden die Kalkbrennerei und die Bierbrauerei damit beliefert.

Des Weiteren fanden heiße Kohlen beim Bügeln Verwendung, aber manchmal auch heiße Steine, die man in das Bügeleisen gab.

Es ist zwar bekannt, dass beim Oberhornberger früher das Handwerk des „Binders“ als bäuerliches Handwerk ausgeübt wurde, ein Nachweis darüber ist jedoch leider nicht mehr vorhanden. Man stellte „Saubuttnschaffel“ (zur Schweinefütterung), „Keibedringaschaffel“ (zur Kälberfütterung), Tröge, Butten und Fässer her. Teilweise übernahmen auch die Wagner dieses Handwerk.

Ein weit verbreitetes bäuerliches Handwerk war das „Holzschuhmachen“. Aus Fichten-, Birken- oder Erlenholz wurde nach dem Anmessen mit einer „Breitaxt“ zuerst der Rohling herausgehauen. Das Glätten der Fuß- und Außenformen erfolgte mit einem Schabeisen. Schließlich formte der Holzschuhmacher in der „Hoanzlbank“ die Innenseite mit einem Hohlmeißel, schliff sie, schnitt das Leder für das Oberteil zu und nagelte es mit Holzschuhnägeln auf. Die geschlossene Form nannte man Bundschuh. Holzpantoffel waren das Schuhwerk der armen Leute. Man musste sich „drauf schauen“, sie also sorgsam behandeln. Sooft als möglich zog man sie aus und lief barfuß.

Das „Schnapsbrennen“ wurde ebenfalls als bäuerliches Handwerk betrieben. Es gab eine Zeit, wo der Aberglaube galt, dass der Schnaps mehr Kraft gäbe und auch nicht selten umgesetzt wurde.

Den Essig stellten die Bauern auch selbst her. Saurer Most oder nicht verwertbare Altbestände konnten so wiederverwertet werden. Man gab Essigsäurebakterien dazu, die sogenannte „Essigmutter oder Essighaut“, und nach ein paar Monaten hatte man wieder Essig für ein paar Jahre.

Das Rechenmachen gab es natürlich auch als bäuerliches Handwerk. Verwendung fanden das Holz des Ahornbaumes oder der Esche. Aus einem Brett wurde der vordere Teil zugeschnitten und gehobelt. Ein Handbohrer ermöglichte die Löcher für die Rechenzähne. Aus ca. 12 cm kleinen Holzstückchen wurden die Rechenzähne hergestellt, indem man sie durch ein Formeisen schlug, welche danach eingeschlagen, noch einmal gleichmäßig zugeschnitten und mit dem Reifmesser gespitzt wurden. Für den Stiel verwendete man die schon im Herbst aussortierten geraden Fichtenstangen und später auch Lindenholz. Das Rechenmachen war für kleinere landwirtschaftliche Betriebe eine manchmal doch sehr wichtige Nebeneinnahme.

Auch den Beruf des „Strohdeckers“ gab es bei uns früher. Franz Fichtinger (Unterschlager), Josef Fichtinger, beide vom „Hörzing“ abstammend und Franz Dirringer waren früher sehr geübt im Strohdecken und im Gemeindegebiet unterwegs. Auch Johann Fichtinger (Hörzing) erlernte dieses Handwerk noch.

Foto: Das strohgedeckte Wirtschaftsgebäude beim Leimhofer in Großerlau 9 (um 1939) (44/1918)

Das Stroh wurde mit der Sense gemäht und zu Garben gebunden. Mit dem Schaubkamm reinigte man das Stroh und band es mit einem Strohband zu einem „Schab“ (gleichmäßiges Bündel). Erst dann wurde das Getreide ausgeschlagen, damit die Mäuse keinen Schaden anrichten konnten. Mit „Widen“ (Weidentriebe) befestigte man das Stroh an den Latten. Außen wurden noch dünne Haselnussstauden zum Niederhalten angebracht. Am First legte man die Schab umgekehrt, mit den Ähren nach unten. Damit oben kein Spalt blieb und eine gute Abdichtung erreicht wurde, band man noch 10 cm breite, halbrunde sogenannte „Rösl“.

Viele Personen fanden Arbeit als Holzfäller, Sägewerksarbeiter oder in der Zimmerei.

Es war eine sehr mühselige Arbeit als „Hoizhacker“. Sehr bald in der Früh ging es los, es wurde gearbeitet, bis es finster war. Nur zu Mittag machte man eine längere Pause. Bis 1860 wurde mit der Bügelsäge geschnitten, erst dann kam die bauchige Zugsäge in Verwendung. Zwei Mann fällten mit der Zugsäge die Bäume. Anschließend erfolgte das Entasten und Entrinden, teils als Schutz vor dem Borkenkäfer, teils weil es in den Sägewerken noch keine Entrindungsanlagen gab und teils weil die Rinde auch Verwendung fand.

Schließlich gab es auch Arbeiten, wo die Grenze zwischen bäuerlichem und gewerblichem Handwerk schon etwas verschwommen war. Hier ist mit Sicherheit das Zimmermannshandwerk zu nennen.

Zimmerleute waren Handwerker der alten Schule. Durch Geschicklichkeit und die Freude an Form und Farbe trugen sie auch viel zur Volkskunst bei. Ristbäume und schwarze Stubendecken gab es fast überall. Der Vergangenheit gehören auch die Staubläden an. Unter dem Dachgiebel konnte man sie in verschiedensten Zierformen bewundern. Mangels Ölfarben stammte das Rot von der „Zimmerröte“, Blau vom Zimmermannsblaustift, Grün von den Blättern der Brennnessel oder der Schwarzwurzen, Weiß vom Kalk und Schwarz von der Holzkohle.

Auch „Heuluken“ und vor allem die hofseitigen Zugänge zum Heustadel, die „Lichtgänge“, zeugen manchmal auch heute noch von wahrer Handwerkskunst.

Die „Wagnerei“ übten bei uns wahrscheinlich der „Schaufelhackerwagner“ und der Freinschlag im Markt (Wagner) aus. Beim Freinschlag wurde auch ein Lehrling ausgebildet. Auch der Hausname „Reithner-Wagner“, heute Fam. Brunner, zeugt von einer Wagnerei. Bohrer, Stemmeisen, Hämmer, Hobel, Sägen und einige Maschinen brauchte eine Wagnerwerkstatt. Auf der Drehbank wurde die Radnabe gefertigt, in der die Löcher für die Speichen gebohrt wurden. Im „Radstock“ eingeklemmt, wurden die Speichen eingeschlagen. Mit der Bandsäge wurden die Felgen zugeschnitten. Jetzt kam das Rad zum Schmied, der die Reifen aufzog. Schubkarren, Radlböcke, Leitern, Deichseln, Brückenwaagen, Schlittengestelle und Ziehschlitten wurden erzeugt. Auch bei Ausbesserungsarbeiten war der Wagner sehr gefragt. Und natürlich war der Wagner bei den Kindern sehr beliebt, da er auch Schlitten und Ski herstellte.

Auch die Schneiderei war ein bäuerliches Handwerk. Hiervon zeugt noch der Hausname „Schneider“ in Gassen 9. Der Stoff, das „Zeug“ oder der „Barchent“, wurden zum Schneider gebracht. Je nach Wunsch nahm der Schneider Maß. Nach papierenen Schnitten schnitt er dann den Stoff zu. Dabei verwendete er eine große Zuschneiderschere. Die zugeschnittenen Teile heftete er mit Nähnadel und Zwirn und nähte sie schließlich mit der Nähmaschine zusammen.

Wenn der Kunde bei der Anprobe zufrieden war, wurde das Stück sorgfältig gebügelt und ausgeliefert. Von diesem einst blühenden Gewerbe sind nur Änderungsschneidereien geblieben. Herr Konrad Aistleitner übte als letzter seiner Zunft in Dimbach das Handwerk als Schneidermeister aus (siehe Kapitel „Aufgelassene Gewerbe in der Gemeinde“).

Als Folge der Bedeutung des Holzes und des Waldreichtums unserer Gemeinde entstanden auch bei uns einige Brettersägen. Um die Jahrhundertwende gab es in Dimbach vier Sägen, am Dimbach standen sechs Sägen (zum größten Teil aber außerhalb unseres Gemeindegebietes). Dazu kamen dann noch einige bäuerliche Gemeinschaftssägen, die aber etwas später entstanden. Viele Arbeiter fanden dort Arbeit und verdienten sich ihr Brot.

Das Lohnfuhrwerk konnte auch nur durch diesen Holzreichtum entstehen. Vor allem im Winter, wenn die Holzschwemme eingestellt wurde, war in den Flusstälern und in Dimbach viel los. Zum Langholz und der Schnittware kam im Winter auch noch der Schleifholztransport. Auf ein Gespann mit zwei Pferden wurden vier bis fünf Meter Holz geladen. Das war nur möglich, weil das Holz sehr trocken war. Die Fa. Weinzinger hatte Pferde in Grein und Dimbach stationiert. In Dimbach hatten sie einen eigenen Stall. Zusätzlich vergaben Firmen und Schiffsmeister Aufträge an die Fuhrleute. So standen in der Blütezeit in Dimbach vor den Gasthäusern bis zu 70 Pferde- und Ochsengespanne.

Ein Rückgang war erst Ende der 20er Jahre zu verzeichnen. Ein Arbeiter am Holzplatz verdiente 27 Schilling in der Woche (Samstag frei). Ein Sägewerksarbeiter verdiente 32 bis 33 Schilling und ein Fuhrmann 41,50 Schilling. Dafür musste er auch am Wochenende die Pferde der Firma füttern.

Zum Vergleich: Um 1925 kostete ein Laib Brot 70 Groschen, ein Krügerl Bier 25 Groschen und ein Vierterl Wein 30 Groschen.

Das Handwerk des Hafners (Töpfers) hat seinen Ursprung auch am Lande. Hafner siedelten sich in der Nähe von Lehmgruben an. Mit geschickten Händen entstanden das nötige Geschirr, Töpfe, Krüge und Schüsseln auf der Drehscheibe. Das Brennen erfolgte in selbstgebauten Öfen.

Vieles wurde auch künstlerisch bemalt. Es war ein blühendes Gewerbe, und es gab nur ganz wenige Orte im Mühlviertel, wo es keinen Hafner gab. Verkauft hat man die Ware auf den Märkten oder vor Ort.

Schließlich gab es noch Hausierer. Dazu benötigte man aber eine Erlaubnis, einen sogenannten „ Hausierpass“, den man z.B. bei der zuständigen Herrschaft beantragen konnte. Am 4. Juli 1836 stellte die Herrschaft Greinburg dem Jacob Schmutzhart aus Mitter St. Thomas einen „Hausir Paß“ aus. Es wurde genau angeführt, welche Waren er mit dieser Bescheinigung zum Verkauf anbieten durfte: „Destillierte Öehle, gebrannten Geist, Rosoglio, Salben, Pflaster, Gifte, Arzneyen für Menschen und Thiere, Quecksilber, Spießglas, Präparate aus Blei, Zucker, Zuckerwerk, Ciocolade, Lebkuchen, Bücher, Gold und Silber.“

Er durfte sein Gewerbe in keinem bespannten Wagen ausüben, und es war auch keine feste Niederlassung erlaubt. Auch durfte er keine Gehilfen anstellen.

Hausierer Jakob Schmutzhart durfte seine Waren in den Herrschaften Kreuzen, Zellhof, Greinburg und Waldhausen zum Verkauf anbieten. Mit einem Buckelkorb zog er von Gehöft zu Gehöft. Man kann davon ausgehen, dass er auch in Dimbach Handel betrieb.

Auch „Fahrende Leut“ waren überall unterwegs. Die Bosniaken handelten mit Kurzwaren. Sie boten ihre Waren zu überhöhten Preisen an, ließen aber unter ständigem Gejammer gerne mit sich handeln.

Samenhändler aus der Slowakei boten Krautsamen, Steckzwiebel und Knoblauch an.

Die Schleifer, Leinen und Wirkwarenhändler, Herrgottshändler, Dudelsackpfeifer und die böhmischen Musikanten gehörten ebenso der fahrenden Gilde an. [1]



Schachenhofer, Wolfgang: Bilder aus einer versunkenen Welt – Vom alten Handwerk;