Die Pree-Marie - eine wahre Geschichte!

Maria Brunner, geb. Kleinbruckner (28. August 1925) am Bauernhaus „Ascher“ in Kleinerlau 16 (Eltern Karl und Zäzilia)

Die Erinnerung an die Zeit meiner Kindheit.

Das Hexenhaus und die alte Hexe!

So nannten sie die Städter, die auch öfters in unserer Region ihren Urlaub, die Sommerfrische, verbrachten. Sie war zwar keine echte Hexe, sie schaute nur so wie eine aus, ging mit Stock, war buckelig und sehr verwahrlost, hatte schmutzige Kleider und das Gesicht selten gereinigt. Sie hatte wohl keinen Spiegel.

Ein altes Weib, von unserer heutigen Sicht aus gesehen!

Die Pree Marie! So war ihr richtiger Name.

Sie hatte einige Namen, die Kohler Marie oder eben die Hexe. Kohler Marie deshalb, da man sagte, ihr Vater wäre Köhler gewesen.

Die Kohlen wurden aus Buchenscheitern an einem Ort hergestellt, den es auch heute noch gibt und den man "die Kohlstatt" nennt. Sie wurden dann an Kaufleute verkauft und auch für das Kohlenbügeleisen verwendet. Es gab zu dieser Zeit noch keinen elektrischen Strom.

Sie lebte mit ihren Ziegen und Hühnern zusammen, diese waren sozusagen ihre Familie und sie redete auch mit ihnen. Die Hühner durften auf den Tisch und ins Bett. In dieser Stube war auch der Herd, alles war verraucht in dieser Bude. Manchmal kamen auch noch Ziegen herein. Wenn ihr ein paar ausgebüchst waren oder an ihr Gemüse gingen, dann fluchte sie höllisch. Das war für uns Kinder der größte Spaß. Wenn wir sie foppen wollten, ließen wir ihr die Ziegen aus dem Stall, um sie fluchen zu hören. Kinderstreiche, ja für uns war es halt lustig. Wir mussten aber damit rechnen, von unseren Eltern eine Rüge dafür zu bekommen.

Ja, sie lebte vorwiegend von Ziegenmilch und Ziegenfleisch, das sie selber selchte und so auch ihre Kleidung geräuchert stank. Eine etwas bessere Joppe und einen Kittel trug sie, wenn sie in den Ort hinein einkaufen ging. Sie ging immer barfüßig!

Für Mäharbeiten auf ihrem Grund halfen ihr die Nachbarn. Später vergab sie ihre Keusche auf Leibrente.

Verstorben ist sie im Versorgungshaus in Waldhausen. Soviel ich mich erinnern kann, ist sie auch dort geboren. Endlich hatte sie mal ein reines Bett und Körperpflege kennen gelernt, wovor sie sich anfangs sehr gesträubt hatte. Ende gut, alles gut!

Aufgezeichnet von Maria Fichtinger