Flucht aus Dimbach zu Kriegsende 1945
(Hilde Leonhartsberger, Karl Hahn)

Mein Vater, Anton Kamleitner, war als Soldat im Krieg im Einsatz, lange Zeit vor allem in Ägypten. Meine Mutter erledigte mit Unterstützung von Hilfskräften all die Jahre die ganze Arbeit in Haus und Landwirtschaft und hatte, da das Haus sehr groß war, an mehrere Familien Zimmer vermietet. Wir vier Kinder waren damals noch sehr klein.

Gegen Ende April 1945 kamen viele Soldaten nach Dimbach, da in dieser Gegend eine letzte Frontlinie erwartet wurde. Panzer fuhren mit viel Getöse und Lärm durch, der besonders in der engen Gasse zwischen den Häusern Kamleitner und Neulinger sehr arg war. Wir Kinder hatten große Angst. Am meisten fürchtete sich mein Bruder Franz, er weinte sehr viel. Dann kamen Soldaten ins Haus. Der Hof war voll mit Militärpferden. Ich glaube, die wurden mit unserem Heu und Klee gefüttert.

Schließlich kamen die Soldaten in unser Haus und forderten die Mutter auf, mit allem Vieh, den Hausbewohnern und uns Kindern das Haus zu verlassen. Sie sagten, wir würden ansonsten alle ums Leben kommen. Heute weiß ich, dass sich die Soldaten auf einen Häuserkampf vorbereitet haben. Meine Mutter und unsere ältere Schwester Maria, damals rund 12 Jahre alt, trieben das Vieh, die Rinder und eine Ziege, aber nicht die Schweine, die konnten bleiben, an einem Nachmittag zum Ober Grammerstorfer hinunter. Wir Kinder mussten zu Hause bleiben und wurden eingesperrt. Klar, dass wir da viel weinten und Angst um die Mutter hatten, ob sie auch wieder kommen würde. Meine Schwester Maria war mit der Mutter und dem Vieh unterwegs. Sie hatte sonst immer über uns die Aufsicht. Mein Bruder Franz war damals um die sieben Jahre, ich gegen fünf und Rosi war zwei Jahre alt. Frau Ludmilla Pecksteiner, die mit ihren zwei Töchtern auch in unserem Haus wohnte, hatte damals auch vor Angst viel geweint. Ihr Mann war im Krieg und hatte dort ein Bein verloren. Alle fürchteten sich, dass die Russen und auch die Front kommen könnten. Die Russen kamen zwar, aber die Front nicht.

Am nächsten Tag wurden wir Kinder, nur unter der Aufsicht von Maria, mit Rosi im Kinderwagen, zum Haus der Hebamme Grünberger neben dem Ober Grammerstorfer Hof geschickt. Wir Kinder plagten uns mit dem Kinderwagen mit den damaligen Miniaturrädern auf dem Kirchensteig, am Bauerngruber vorbei und über den Berg hinüber zum Grünberger Häusl. Dieses war sehr klein. Wo und wie wir schliefen, ist mir heute noch ein Rätsel. Das Haus steht mittlerweile nicht mehr. Ich weiß noch, dass wir sehr große Angst hatten, weil die Mutter beim Vieh sein musste, und wir fürchteten, dass ihr etwas passieren könnte und wir dann allein bleiben würden.

Wie lange wir ausquartiert waren, weiß ich heute nicht mehr. Es hieß auf einmal: „Der Krieg ist aus.“ Die Soldaten waren nicht mehr da, und wir konnten wieder nach Hause zurück.

Wir hofften alle, dass auch der Vater nun doch bald nach Hause kommen würde. Aber da mussten wir doch noch eine schöne Weile warten. Er war in Gefangenschaft.