Baracken und Erdbunker der Deutschen Wehrmacht in Dimbach (Franz Leonhartsberger, Karl Hahn)

Gegen Kriegsende baute die Deutsche Wehrmacht zwei bunkerähnliche Unterstände in Dimbach, einen in der Nähe des Marktes an der Marchsteiner Bezirksstraße, heute Bundesstraße 119, sowie einen in der Nähe der Familie Hader (Kaar). Beide waren sehr weit in die Erde versenkt, aus Holzbalken und Brettern gefertigt, oben schräg und zur Gänze mit Erde bedeckt. Die Länge betrug 6 bis 8 m, die Breite 3 bis 4 m und die Innenhöhe ca. 2 m. Ein Eingang sowie Sehöffnungen, Fensterschlitze, die ich viel später als Schießscharten erkannte, ermöglichten das Betreten der Baracken bzw. das Beobachten der Umgebung.

Für uns Marktkinder und die Kinder der Umgebung war die Baracke in der Nähe des Marktes eine wunderbare Spielstätte, wo wir uns gerne und häufig trafen.

Der Zweck dieser Bauten wurde mir erst Jahre später klar. Da die Wehrmacht an dieser Straße und im Ort eine Frontlinie erwartete und den Häuserkampf vorbereitete, waren dies getarnte Unterstände, Bunker und Schützenstellungen.

Die eine Baracke beim Markt stand auf der Wiese südöstlich vom ehemaligen Kühböck Häusl, Hornberg 23, welches der Familie Holzmann (Bauerngruber) gehörte und an der Innenseite der Kurve gegenüber dem jetzigen Feuerwehrzeughaus und dem Heizwerk, oberhalb des Übungsplatzes der Feuerwehr-Bewerbsgruppen gelegen war. Heute ist fast alles mit Sträuchern verwachsen, das Häusl abgerissen.

Das Kühböck-Häusl war sehr einfach aus Steinen und Holzbalken gebaut und mit einem sehr kleinen Ziegenstall versehen. Bewohnt wurde es von der Familie Kühböck. Michael Kühböck war ein eher kleiner, aber zäher und arbeitsfreudiger Mann, der überall in der Umgebung bei den Bauern als Taglöhner sehr beliebt und begehrt war. Er war damals auch Totengräber in Dimbach. Von woher er stammte, ist mir nicht bekannt. Mit seiner Frau Seraphine, die vom Kleinwachsmut abstammte, hatte er drei Kinder: Heinrich, Maria und Rosi. Seraphine arbeitete viel bei den Gastwirten und verschiedenen Familien als Wäscherin und half auch vielen Bauern bei den Erntearbeiten. Später wohnte sie bei der Familie Kitzberger in Dimbach 17, bis sie zu ihrer Tochter nach Amstetten in Pflege kam.

Michael verstarb Anfang September 1960 ganz plötzlich in relativ jungen Jahren. Ich kann mich an diese Stunde und an diesen Todestag noch sehr gut erinnern.

Das zweite dieser Gebäude stand unterhalb des Grammersdorfer Holzes, wie es damals genannt wurde, am Ende der Geraden vor der großen Linkskurve zur Kaar-Zufahrt mit der großen Eiche, rechts auf einer kleinen Erhöhung. Von dort hatte man einen weiten Blick auf den unteren Straßenverlauf fast bis zur Gassner Kapelle. Auch das ganze Gebiet nach Westen hin und weit in das Tal des Gassner Baches hinein waren einsehbar. Diese Baracke war strategisch sehr geschickt angelegt.

Die Bauart beider Bauten war gleich, und beide sollten dem gleichen Zweck dienen. Es war ein großes Glück für uns Dimbacher, dass sie umsonst gebaut worden waren.

Mit Kriegsende verloren sie ihre Bedeutung. Wann und von wem sie abgebaut und entfernt wurden, weiß ich nicht. Es geschah einfach und sie gingen niemanden ab, nicht einmal uns Kindern. Sie waren einfach nicht mehr da. Die Gräben, wo sie gestanden hatten, waren noch lange zu sehen. Alle Spuren dieser Bauten verschwanden mit dem Ausbau und der Begradigung des Straßenverlaufes. Nichts erinnert mehr an diese Zeit.

Die Dankbarkeit einer ukrainischen Zwangsarbeiterfamilie
(Franz Leonhartsberger)

In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges wurden von den Nazis in den Oststaaten wie Polen und Ukraine junge Menschen und Familien gezwungen, in das Deutsche Reich sowie in die annektierten Staaten wie die Ostmark, wie Österreich genannt wurde, als Arbeitskräfte zu gehen. So waren auch junge Polen und Polinnen wie unser damaliger Pfarrer Wladislaw Wegrzyn und ein Teil seiner Geschwister im Raum um Gallneukirchen und Unterweitersdorf als Zwangs-Landarbeiter eingesetzt.

Bei uns in Dimbach waren vorwiegend junge ukrainische Familien und junge ledige Burschen als Zwangs–Landarbeiter bei den Bauern zugeteilt. Das deswegen, weil die meisten der Männer und Burschen aus Dimbach als Frontsoldaten eingerückt waren und daher überwiegend nur die Frauen und Kinder für die landwirtschaftliche Arbeit zur Verfügung standen.

Auf dem Bauernhof meiner Eltern, dem Wegerergut, war eine junge ukrainische Familie zur Arbeit zugeteilt. Es waren dies Peter Drosd und seine Frau Nadya, geb. Mokrpsika. Sie hatten eine kleine Tochter, die Maria, die am 6. Februar 1943 beim Wegerer geboren wurde und somit fast gleich alt wie meine Schwester Maria war. Unsere Schwester Maria lernte gut und sprach allmählich mit den Ukrainern in ihrer Sprache und mit uns deutsch. Als diese dann wieder wegzogen, vergaß sie deren Sprache wieder vollständig. Einige Wörter der Sprache weiß ich aber heute noch. Ich habe sie bei meiner Russlandreise verwendet.

Wir verstanden uns gut mit den Ukrainern. Sie gehörten zu unserer Familie. Peter war ein fleißiger, starker, junger Mann und konnte auch gut mit den Pferden umgehen. Das einzige Problem, das wir mit ihnen hatten, waren die Zornausbrüche der Nagya. Da wurde auch Peter oft zornig und ging mit ihr hinter den Stall hinaus, um ihr eine Tracht Prügel zu geben. Dann war wieder alles in Ordnung. Er sagte: „Das Teufel braucht jedes Monat einmal Schläge, sonst geht es ihr nicht gut, und sie ist böse auf alle!“ Eigenartiger Weise stimmte das auch, denn sie war dann wieder friedlich, brav, geduldig, glücklich, die Welt war wieder in Ordnung, es gab keinen Streit mehr.

Die Ukrainer waren überall im Ort beliebt, fügten sich harmonisch in die Gemeinde ein und störten niemanden. Einen Vorfall aus der Zeit der Heu- und Kleelieferungen für die Wehrmacht habe ich mir aber gemerkt.

Ein Bauer, ein sogenannter Hagestolz, der auf die Knechte, Mägde und besonders auf jene aus anderen Ländern herabschaute, lieferte auch Heu. Vor der Brückenwaage, die neben der Straße durch den Markt an das F.X.Müller Haus angebaut war, mussten die Bauern und Knechte auf die Abwaage warten, bis sie an der Reihe waren. Dieser Bauer wollte nicht warten, sondern an den Wägen, auch an denen, die die Ukrainer fuhren, vorbei auf die Waage. Ein Ukrainer wehrte sich und sprach sich dafür aus, dass jeder der Reihe nach drankommen sollte. Der Bauer regte sich auf, schlug mit der Peitsche auf den Ukrainer ein und fuhr auf die Waage. Die anderen Ukrainer sahen das auch, und im Gespräch bei uns am Stubentisch sagte Peter, dass er den Bauern abstechen wolle. Die übrigen redeten ihm das aus, und so ließ er diesen Plan wieder fallen.

Zu Kriegsende rächte sich Peter aber an dem Bauern. Als er samt Familie mit Pferden und Wagen in die Heimat Ukraine zurückfuhr, nahm er dem Bauern einen Leiterwagen und vieles andere weg. Ob er ihm auch die Schläge zurückgab und ihm ein oder mehrere Pferde wegnahm, weiß ich heute nicht mehr. Der Bauer hielt sich auf jeden Fall sehr zurück, denn er wusste, dass es ihm sonst ans Leben gehen könnte.

Die Ukrainer versammelten sich gegen Kriegsende oft bei uns in der Stube und diskutierten ihre Situation. Sie hatten Waffen wie Revolver organisiert, doch für uns bestand keine Gefahr. Als sie wegzogen, ließen sie ein in Ukrainisch oder Russisch abgefasstes Schreiben bei meinen Eltern. In diesem ersuchten sie die späteren Besatzer, zu uns nett zu sein und uns keinen Schaden zuzufügen, da wir auch zu ihnen gut und nett waren und sie sich bei uns wohlgefühlt hatten. Wie sich bald herausstellte, war dies ein Schutzbrief für uns und half uns bei den späteren Russenüberfällen.

Pfarrer Wladislaw Wegrzyn, dem ich von dem Papier erzählt hatte, nahm es nach Polen mit, um es übersetzen zu lassen. Wir konnten aber mit dieser Übersetzung nichts Richtiges anfangen. Er behielt sie dann auch für sich.

Peter sagte uns, dass er, wenn wieder Frieden sein werde, uns einmal besuchen wolle. Über Umwege konnten wir erfahren, dass er von den Russen in die Rote Armee gezwungen worden war, weitere Informationen blieben aber aus.

Das Original des Schutzbriefes sowie die Bestätigung des russischen Oberleutnants wurden gut verwahrt und sind heute noch vorhanden (siehe Abbildungen).

Frau Dagmara Gadshieva, Dimbach 56, übersetzte auf meine Bitte hin dieses Dokument:

„Ich bin ein Ukrainer und will mit diesem Brief bestätigen, dass ich bei diesem Besitzer (Mann, Familie) mit Frau und kleinem Kind zwei Jahre war. Die Leute haben uns nie beleidigt und waren nie böse, und es ist uns gut gegangen. Diese zwei Jahre haben wir nie gestritten. Ich bitte euch, jeden, der diesen Brief liest, diesen Leuten (Menschen) nichts Schlechtes anzutun.        Unterschrift Petar Drosd.“

Foto: „Schutzbrief“ des Ukrainers Peter Drosd. (22/2309)

Auf der Rückseite notierte er seine Heimatanschrift in ukrainischer und deutscher Sprache:

„Kam – Podolsk, Krais. Wolozisk, Dorf Ichniwzi. Drosd Petar.   Ukraine“

Über beide Seiten ist schräg darüber geschrieben: „Für VICTORY“ (das heißt – Für Sieg).

Ein weiteres, ebenfalls vorhandenes Schriftstück stammt von einem russischen Offizier, der mit Soldaten zu uns gekommen war, um ein angeblich im Stadel verstecktes Motorrad abzuholen. Da dies, weil wirklich keines da war, nicht möglich war, drohte er den Vater mit dem Erschießen. Wir hatten alle große Angst. Die Mutter zeigte ihm schließlich den Brief von Peter. Daraufhin wurde er freundlich, verlangte zwei Schweine, die er bezahlte und fuhr mit den Soldaten weg.

Der Text des Schreibens lautet:

„Bestätigung von russischem Offizier für Herrn Franz, dass ich von ihm zwei Schweine genommen habe und dafür 100,- Mark bezahlt habe. Ich werde die Schweine in unser Realitäten Lager (Depot) bringen.

Oberleutnant Kuturov“ (Unterschrift unleserlich).

Foto: Brief eines russischen Offiziers. (22/2307)

Interessant ist, dass es nicht 100,- Mark, sondern 5,- Rubel waren.

Kriegserinnerung „Abgeschossen am Pay Day“
von James E. Martin aus Evansville, Indianer USA, Übersetzung Max Ruspeckhofer, Naarn, Bearbeitung: Rudolf Freinschlag

Der Amerikaner James E. Martin war Bordschütze in einer „Flying Fortress“ (fliegende Festung) mit der Bezeichnung B-17. Sein Flugzeug wurde am 31. Dezember 1943 in Frankreich in der Nähe Spaniens von deutschen Jagdfliegern abgeschossen. Über Frankfurt, wo er verhört wurde, kam er in ein Lager bei Krems. Im April 1945 wurde das Lager vor den heranrückenden Russen geräumt. Während des Abmarsches Richtung amerikanischer Front explodierte ein Wasserkanister im Nachtlager. Dadurch wurden ihm und seinen Kameraden John Raines aus Iowa sowie Joe Suss aus New York die Füße verbrüht. Sie versteckten sich einige Tage in einer Scheune, da sie nicht weitergehen konnten. Da Joe Suss deutsch sprach, konnten sie sich bis Dimbach durchschlagen, wo sie beim Obergrammersdorfer Unterschlupf fanden. James E. Martin schildert den Aufenthalt in Dimbach:

„Immer noch mieden wir die Hauptstraßen. Spät am Abend kamen wir zu einem großen Bauernhaus ungefähr eine Meile von Dimbach entfernt. Wir blieben an einem großen Holztor stehen. Es war ca. 10 Fuß hoch und auch ungefähr so breit (= ca. 3 Meter). Wir klopften an dieses Tor und eine hübsche Lady namens Maria machte auf. Joe fragte sie um etwas zu essen. Maria kam mit Schmalzbroten zurück und eine andere nette Lady brachte einen Krug mit Most. Sie öffneten das Tor und luden uns ein, in ihrer Scheune zu bleiben. Ich glaube nicht, dass sie sich vor uns fürchteten und wir waren so dankbar für ihre Liebe und Freundlichkeit. Heute, fünfzig Jahre später, kann ich noch immer das Leuchten der Liebe in ihren Gesichtern sehen. Die andere Lady hieß Resl und die zwei waren Schwestern. Sie lebten mit ihrem Bruder Michael und seiner Frau. Ich glaube, dass wir am Bauernhof der Familie Grünberger um den 12. April 1945 ankamen. Wir blieben drei Tage und Nächte in der Scheune. Am vierten Tag lud man uns ein, im Haus der Familie zu leben. Wir aßen auch am Tisch mit ihnen. Es schien, dass sie uns gern hatten und natürlich hatten wir sie sehr gern, weil sie uns aufnahmen. Sie hätten angeklagt werden können, weil sie Amerikanern Unterschlupf gewährt hatten. Das Kriegsende war schließlich noch drei Wochen weg. Während unseres Aufenthaltes kam noch ein Amerikaner und gesellte sich zu uns. Später suchten zwei Engländer Unterschlupf und man gewährte ihn ihnen. Sie waren nicht sehr gesund. Sie waren vier Jahre lang in Kriegsgefangenenschaft gewesen. Daher, sagten sie, waren ihre Mägen voll von Geschwüren. Während wir auf dem Bauernhof waren, halfen wir mit bei den Rindern und arbeiteten auf dem Feld, geradeso, als ob wir zuhause gewesen wären.

Ungefähr eine Woche oder zehn Tage vor Kriegsende gab es eine Gruppe von deutschen Soldaten ein Stück weiter die Straße hinunter, ungefähr eine Meile von dem Hof entfernt. Ich weiß nicht, wie sie in Erfahrung brachten, dass wir auf dem Hof waren, aber sie wussten von uns und luden uns zu ihrem Quartier auf Besuch ein. Wir drei Amerikaner gingen hinunter und sie waren sehr freundlich. Wir fürchteten uns etwas vor ihnen, da wir ja schließlich Feinde waren. Joe sprach mit ihnen und sie boten uns Zigaretten und Wein an. Bevor wir gingen, sagte uns der Offizier noch, dass, wenn der Krieg vorüber sein würde, sie einen Rot-Kreuz-Rettungswagen für uns dalassen würden, damit wir den Hof verlassen könnten.

So Anfang Mai kamen die Russen durch Dimbach und stahlen alles, was sie auf ihren Wagen laden konnten (Bettbezüge, Fahrräder, Schweine, Radios – alles was sie wollten). Zu dieser Zeit kam der Pfarrer der katholischen Kirche von Dimbach auf den Hof und ersuchte die Amerikaner ins Dorf zu kommen und zu patrouillieren. Er hatte Handfeuerwaffen für uns. So gingen wir nach Dimbach und zeigten den Russen, dass wir hier waren und patrouillierten. Es gab keine Kämpfe, wir blieben einen ganzen Tag, während die Russen durchzogen. (Anmerkung: in der Pfarrchronik ist davon nichts verzeichnet).

Zurück am Hof gab es wieder die übliche Arbeit. Am 7. Mai kam der deutsche Offizier und seine Gruppe vorbei und sie gaben uns den Rot-Kreuz-Wagen, damit wir zur amerikanischen Front kommen konnten. Wir verwendeten ihn aber nicht und zogen es vor, auf dem Bauernhof zu bleiben, bis uns die amerikanischen Streitkräfte befreien würden. Nun, was geschah? Die zwei Engländer und der andere Amerikaner, der später auf den Hof gekommen war, nahmen den Wagen und verschwanden. Und das war auch das Letzte, das wir von ihnen sahen.

Am frühen Nachmittag des 15. Mai 1945 kamen ein amerikanischer Offizier und sein Fahrer auf den Hof. War das ein Zusammentreffen. Der Krieg war vorbei, und wir waren endlich frei. Der amerikanische Offizier gab der Familie eine Menge Lebensmittel und alles, was er entbehren konnte. Er war angewiesen, zu einem bestimmten Dorf zu gehen, um mit russischen Offizieren zusammenzutreffen. Die Russen und Amerikaner kämpften noch immer in der Nähe dieses Dorfes. (Anmerkung: hier dürfte sich der Verfasser beim Datum geirrt haben, die Kämpfe bei Königswiesen waren die letzten in Oberösterreich und wurden am 9. Mai 1945 beendet).

Nachdem uns alle Russen wieder verlassen hatten, übernachteten wir in einem Haus im Dorf. In diesem Haus waren aus irgendeinem Grund auch Mongolen. Sie gingen, und wir aßen und schliefen dort. Am nächsten Morgen gingen wir durch die Hauptstraße und sahen Leute, die Handgranaten in den Fluss warfen und Fische töteten, um etwas zu essen zu haben. Wir stoppten auf der Brücke, stiegen aus und während wir sie beobachteten, rannten die Frauen auf uns zu und baten uns, die Russen wegzujagen. Die Russen stahlen ihre Kleidung und die Fahrräder. Sie gingen einfach in die Häuser und nahmen, was sie wollten. Es gab aber auch wirklich nichts, was wir für sie tun konnten (Anmerkung: mit dem Dorf konnte er nicht mehr Dimbach meinen).

Am späten Nachmittag kamen wir im Konzentrationslager Mauthausen an, nur zwei Tage, nachdem es befreit worden war. Ein unfassbares Grauen erfasste uns an diesem Platz des Todes.“ (Anmerkung: die Befreiung fand am 5. Mai statt, daher kann die Abreise aus Dimbach mit 15. Mai nicht stimmen oder sie kamen später nach Mauthausen).

James E. Martin konnte mit seinen Kameraden das Konzentrationslager besichtigen, und sie waren tief betroffen über die Vorgänge im Lager. Nachdem sie Mauthausen verlassen hatten, flogen sie von Linz aus nach Frankreich, wo sie mit dem Schiff nach Amerika gebracht wurden.

Da die Erinnerungen erst 50 Jahre später niedergeschrieben wurden, ist es verständlich, dass einige Zeit- und Ortsangaben ungenau sind. Auch in der Pfarrchronik sind keine Berichte über die Amerikaner enthalten, wohl auch um die Familie Grünberger, Obergrammersdorfer, zu schützen.

Die unmittelbaren Nachbarn Anton Gruber (geb. 1925) und seine Schwester Leopoldine (geb. 1928), die das Kriegsende zu Hause miterlebt hatten, wurden im Jahr 1996 zu diesen Ereignissen befragt:

Drei Amerikaner kamen ihres Wissens am 25. April (Absturz eines amerikanischen Flugzeuges beim Auger/Krammermühle) beim Obergrammersdorfer an. Auf Vermittlung von zwei serbischen Fremdarbeitern nahm Michael Grünberger sie bei sich auf. Die Amerikaner wurden von den unmittelbaren Nachbarn nie gesehen. Es gab noch immer Menschen mit nationalsozialistischer Gesinnung, daher wäre es viel zu gefährlich gewesen, wenn sich fremde Soldaten in der Öffentlichkeit gezeigt hätten. Am sichersten war man in diesen unruhigen Zeiten zu Hause. Daher ist ihnen auch über die Geschehnisse in Dimbach wenig bekannt. Bei Kriegsende haben die Amerikaner ihren Unterschlupf verlassen, wohin, ist den Geschwistern Gruber nicht bekannt.

Wie gefährlich die Aufnahme der amerikanischen Kriegsgefangenen war, zeigt der Bericht in der Pfarrchronik (Seite 347):

„Eine Truppe löst nun die andere ab. Kaum sind die Pioniere abgezogen taucht eine Feldkommandantur auf, an der Spitze ein General Major, der im Mesnerhause Wohnung nimmt. Ein regelrechtes Kriegsgericht wird hier eingerichtet mit Stabsrichtern und Justizräten. Am Freitag den 20.4. wurden nicht weniger als 5 Todesurteile hier gefällt, aber Gott sein Dank nicht vollstreckt, sondern zur Begnadigung weitergeleitet. Die meisten Fälle sind Desertionen. Darum wurde auch eine Abteilung Feldgendarmerie hieherverlegt.“

James E. Martin hat nach dem Krieg mehrmals Österreich und das Obergrammersdorfer besucht, zuletzt Anfang der neunziger Jahre.

Foto: Karl und Elfriede Ebner, James E. Martin mit Sohn (ca. 1988) (22/2207)

1980 wurde auch die Tochter Elfriede Ebner (geb. Grünberger) mit ihrem Gatten Karl nach Amerika eingeladen. Dort trafen sie alle fünf Amerikaner, die beim Obergrammersdorfer Unterschlupf gefunden hatten.

Foto: Amerikabesuch 1980 James E. Martin mit Karl und Elfriede Ebner (22/2206)

In den letzten Jahren ist der Kontakt leider abgebrochen, und alle Bemühungen, eventuell über dessen Sohn eine Verbindung herzustellen, führten nicht zum Ziel. Sollte Herr Martin noch am Leben sein, wäre er jetzt ca. 90 Jahre alt.

Berge gepressten Heues auf dem Turnplatz
(Franz Leonhartsberger, Karl Hahn)

Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurde von den Bauern verlangt, ihre Pferde dem Hitler-Regime für den Kriegseinsatz zur Verfügung zu stellen. So musste auch in Dimbach von allen Bauern, die zwei Pferde hatten, je eines abgeliefert werden. Die Musterungskommission nahm dann jeweils das schönere und stärkere Pferd für den Kriegseinsatz. Diese Tiere mussten von den Bauern nach Grein zum Bahnhof gebracht werden. Dort wurden sie verladen und in den Fronteinsatz geschickt. Klarerweise brauchten diese Tiere auch Futter. Die Bauern mussten daher von dem wenigen Heu, das sie in den kärglichen Bergwiesen ernteten, auch noch einen schönen Teil abliefern.

Sommer für Sommer der gleiche Vorgang: Am ehemaligen Turnplatz, dort, wo jetzt mein Haus und das von Vogl und Hinterleitner steht, wurde das Heu gesammelt. Von einer riesigen Heupresse – angetrieben von einem großen Dieselmotor, den wir natürlich bestaunten - wurde das Heu in Ballen gepresst. Diese wurden mit Draht zusammengebunden und auf einen hohen Berg zusammengelegt. Wegen des fallweisen Regenwetters deckte man alles mit großen Planen zu.

Das war natürlich für uns Kinder der ideale Spielplatz. Wir krochen unter den Planen herum, spielten Verstecken und hatten unseren Spaß. Unsere Mütter hatten mit dieser Sache aber gar keine Freude, denn die abgezwickten und vorstehenden Drahtenden verursachten so manchen Riss in Kleidung und Haut. Da gab es natürlich zu Hause Ärger.

Zu unserem Leidwesen kamen eines Tages Lastwagen, und das Heu wurde aufgeladen und weggebracht. Unser schöner Spielplatz war wieder verwaist.

Bomben in Dimbach (Franz Leonhartsberger, Karl Hahn)

Bei meinen Eltern waren während des 2. Weltkrieges ukrainische Zwangsarbeiter eingesetzt. Es war ein Mann und eine Frau. Sie waren verheiratet. Er hieß Peter Drost und seine Frau Nagia. Sie lebten auf unserem Hof mit uns zusammen wie eine Familie. Wir Kinder hatten sie beide recht gern, denn sie waren gut zu uns. Auch meine Eltern waren gut zu ihnen. Sie bekamen bei uns zwei Kinder, und wir lebten ganz gut miteinander. Meine Schwester, die ungefähr so alt wie das ältere Mädchen der beiden war, sprach mit der Familie perfekt ukrainisch und das kleine Mädchen perfekt deutsch.

Gegen Kriegsende wurde von den Alliierten an einem kalten Wintertag wieder die Fernmeldelinie am Ostrong bombardiert. Da es aber sehr nebelig war, fanden sie die Leitung und den Ostrong nicht. Am Rückflug Richtung Westen flogen sie südlich von Dimbach vorbei und entledigten sich der Bombenlast. Es fielen dabei die Bomben im Wimmer Graben, beim Grammersdorfer und ca. 150 m südlich vom Wegerer beim Rauh Weg. Die letzte Bombe fiel ca. 100 m weiter westlich am Feld und Wiesenrand, dort, wo jetzt die Riegelhof-Gemeindestraße darüber führt.

In der Schule wurde uns gesagt, dass in Dimbach Bomben gefallen wären, der Ort wurde uns aber verschwiegen. Als ich nach Hause kam, erfuhr ich von meinen Eltern, dass es beim Rauh-Weg gewesen war. Wir liefen hinunter, um alles anzusehen. Der Ukrainer begleitete uns und sah sich den Trichter nochmals an. Mein Vater war auch dabei und sagte dazu, dass es kein besonders großer Graben sei. Die Aussage des Ukrainers Peter habe ich bis heute nicht vergessen, so markant war sie. Er sagte zu meinem Vater: "Du Bauer, wenn wir und Rauh einen Winter hinein scheißen gehen, so ist der Graben voll!" Wir gingen heim, und ein paar Stunden später gab es ein paar starke Explosionen, dass die Fensterscheiben klirrten. Die Bomben waren hochgegangen. Es waren Zeitzünderbomben gewesen. Da wurde uns klar, in welcher Gefahr wir alle gewesen waren, als wir die Trichter besichtigten. Wir sahen uns die Sache nun nochmals an. Jetzt waren es Trichter von mehr als 15 Meter Durchmesser.

Die Gräben wurden später mit allerlei Gerümpel und Steinen ausgefüllt und sind heute nicht mehr zu erkennen.