Kriegsgefangene in Dimbach
(Franz Leonhartsberger, Karl Hahn)
Im späten Frühjahr 1945 zogen, bewacht von einem SS-Unteroffizier und sechs Volkssturmmännern aus Wien, Kriegsgefangene durch Dimbach. Es waren ungefähr 400 ausgehungerte, ausgemergelte Rumänen und Albaner. Sie zogen über das Feld von der Marchsteiner Jubiläumsstraße kommend auf mein Elternhaus zu. Vor dem Haus bogen sie rechts ab und lagerten auf einer Wiese bei einem Teich, die meinen Eltern gehörte. Ich denke noch voll Grauen an eine Szene zurück, die ich miterlebt habe.
Beim Hohlweg vor unserem Haus standen an der Hausgartenböschung Brennnesseln, hoch und üppig. Ein Gefangener sprang aus der Gruppe heraus und riss eine Handvoll Brennnessel ab, um sie zu essen. Der SS-Unteroffizier drosch ihm daraufhin den Karabinerkolben über den Rücken, dass er niederging. Von den Brennnesseln hatte er nichts, denn seine Mitgefangenen rissen sie ihm aus der Hand. Der Boden, wo sich lagerten, war nachher blank, denn alles Gras samt den Wurzeln war ausgerissen und gegessen worden. Daneben war ein Kartoffelacker mit jungen Kartoffeln. Diese wurden in der Nacht ebenfalls ausgegraben und gegessen. Die Folgen waren ein fürchterlicher Durchfall und arge Bauchschmerzen.
Vom Markt kamen immer wieder Menschen herunter, um sich die Gefangenen anzuschauen. Viele hatten Erbarmen und gaben ihnen Lebensmittel. Das führte jedes Mal zu einer Rauferei unter den Gefangenen. Frau Bärnreiter rollte ihnen über die Wiese einen Laib Brot zu. Der SS-Unteroffizier bedrohte sie daraufhin mit vorgehaltenem Karabiner.
In der Nacht versuchte einer der kräftigeren Gefangenen zu fliehen. Der SS-Mann verfolgte ihn zu Fuß. Er kam über das Bauernhader Feld durch den Graben, wo jetzt die Rieglhof Gemeindestraße geht, und verlor dann unweit vom Klein-Spenling die Spur. Bei der Verfolgung hatte er seine Uhr verloren. Er hatte eine fürchterliche Wut, die er dann an den anderen Gefangenen ausließ.
Bei diesem Marsch, der von Grein herein führte, verstarben auch einige der Gefangenen. Sie wurden beim Ringortner Kreuz, so wurde erzählt, begraben. Später sollen sie exhumiert und ihre Leichen in geweihte Erde gebettet worden sein.
Was mit den Gefangenen geschah, ist mir nicht mehr bekannt.
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