Panzer in Dimbach
(Franz Leonhartsberger, Karl Hahn)
Gegen Kriegsende wurde auch in Dimbach von den Nazis alles getan, um den sogenannten Feind aufzuhalten. Überall waren im Markt und bei den umliegenden Bauernhöfen Soldaten einquartiert. Der Volkssturm wurde mobilisiert. Alle Männer, auch die alten und bisher nicht wehrtauglichen und Buben ab 15 Jahren wurden zum Volkssturm rekrutiert.
Überall im Markt waren schwere und leichte Waffen aufgefahren worden. Dort, wo früher das Kühlhaus stand, war ein Flakgeschütz stationiert. Schützengräben wurden ausgehoben. Einer unterhalb des Geschützstandortes sowie einer im Mach Garten kurz vor der Gartenböschung. Zwischen Riener und Reiter, wo die Straße am engsten war, wurde eine Panzersperre in die Mauer eingebaut. Das waren dicke Baumstämme, die in einen dafür angefertigten Mauerspalt eingelegt werden sollten, um die Panzer aufzuhalten. Eine weitere Panzersperre bestand bis vor wenigen Jahren auf der Straße nach Grein im sogenannten Pölzlehner Graben, in der Kurve unterhalb der Zwanziger-Häuser vor der Zufahrt Kühtreiber. Dies hatte das Aussehen von Kanalschächten mit Deckeln. Es waren aber Schächte, die mit Sprengmitteln gefüllt werden sollten und dann die Straße gesprengt hätten, um ein Vordringen von Panzern und Fahrzeugen zu verhindern.
Beim ehemaligen Kühböck Häusl und bei der damaligen Koar-Reit wurden Holzbaracken aufgebaut, die teilweise unter der Erde waren. Sogar das Dach wurde teilweise mit Erde bedeckt. Später kamen dann Panzer nach Dimbach, die am Gruber Berg und im Goldnagl Kobel, seitlich vom Friedhof, stationiert waren.
Beim Wegerer Kreuz im Riegel standen Lastwägen, die mit Munition und anderem Kriegsmaterial beladen waren. Über die Felder entlang der Wege wurden Telefonkabel gelegt. Die Feldtelefone wurden in Zelten neben den Bauernhäusern aufgebaut und waren mit der Fernmeldezentrale am Ostrong in Niederösterreich verbunden.
Am 8. Mai 1945 hieß es plötzlich: „Der Krieg ist aus.“ Kein Soldat war mehr zu sehen. Die Lastwägen wurden angezündet, lange konnte man die detonierende Munition hören. Wir hatten sehr große Angst. Die Panzer am Gruber Berg und beim Goldnagl-Kobel standen leer und verlassen. Einige waren von den Soldaten über den steilen Hang zur Dimbachl Wiese hinunter gelassen worden, wo sie in der sumpfigen Wiese stecken blieben. Für uns Kinder übten die Panzer trotz Verbots der Eltern eine riesige Anziehung aus. Wir hatten plötzlich großes, richtiges Kriegsspielzeug. Wir kletterten in den Panzern herum und versuchten zu fahren, was natürlich nicht ging, da kein Motor in Betrieb zu setzen war. Wir probierten die herumliegenden Waffen aus. Gott sei Dank funktionierte keines dieser Trümmer. Auch Munition gab es zuhauf. Wir sammelten sie ein und warfen sie in die angezündeten Hirtenfeuer, welche sie zur Explosion brachte.
Wenn ich heute zurückdenke, ist es wie ein Wunder, dass keines der Kinder zu Schaden gekommen war.
Vor Jahren traf ich einen Kollegen, der im Gesicht zahlreiche schwarze Punkte hatte. Er sagte mir, dass sie dasselbe mit der Munition gemacht hätten, diese aber früher explodiert und ihm das Schießpulver ins Gesicht geschleudert worden wäre. Zum Glück waren seine Augen verschont geblieben.
Die Panzer und Geschütze wurden von den Bauern der Umgebung zerlegt und als gutes Material zum Bauen von Anhängern verwendet. Die Schmieröle und Fette waren willkommen, denn so etwas gab es nirgends zu kaufen.
Wenn damals in den letzten Kriegsjahren Flieger über Dimbach flogen, war es ein großes Entsetzen für uns Kinder. Denn uns war von der Propaganda eingetrichtert worden, wie gefährlich diese seien, und dass sie auf alles schießen würden, was sich bewege. Wenn wir also auf dem Kirschenbaum waren und Flugzeuglärm zu hören war, flüchteten wir entsetzt in die dichtesten Sträucher, verbargen uns und zitterten um unser Leben. Uns wurde auch gesagt, dass wir nichts, was von den Flugzeugen abgeworfen werde, anfassen dürften. Die Zettel wären vergiftet. Kleine Fallschirme hätten Bomben extra für die Kinder drinnen. Füllfedern und Bleistifte seien ebenfalls voll mit Sprengstoff. Der Feind hätte die Absicht, alles, was lebt, zu vernichten. Eine angstfreie Kindheit war das wahrhaftig nicht.
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