Maschindreschen und Erdäpfeldämpfen

(Franz Leonhartsberger, Karl Hahn)

Foto: Maschindreschen beim Auger in Gassen 51 (44/724)

Während des Zweiten Weltkrieges, als ich noch zur Schule ging, erlebte ich beim Wegerer noch das Maschindreschen mit dem Dampfkessel.

Um den Dampfkessel zu transportieren, spannten die Nachbarn die Pferde zusammen, denn jeder hatte mindestens ein Pferd für das Militär abliefern müssen. Daher war diese Arbeit nur mit gegenseitiger Hilfestellung möglich.

Wegerer und Rauh und noch zwei Nachbarn spannten die Pferde zusammen. So konnten sie dann das schwere Ungetüm von Dampfkessel von Hof zu Hof bringen. Ich weiß noch, dass er im Hof vor der Stalltüre stand. Er wurde mit dem speziell für das Maschindreschen vorbereiteten Holz befeuert und rauchte und qualmte fürchterlich. Die Mutter hatte große Angst, es könne wegen des Funkenfluges das nur einige Meter entfernte Strohdach zu brennen beginnen. Es passierte aber zum Glück nichts. Der schwere „Bauer Kasten“ wurde mit einem langen, schweren Treibriemen angetrieben. Uns Kindern gefiel es sehr, wenn mit dem Kessel gepfiffen wurde. Der Maschinist versorgte den Kessel mit Wasser, wir Kinder brachten von der Hütte das Kesselholz und dann konnte das Dreschen losgehen.

Mit diesen großen Kesseln wurde nur ein paar Jahre gedroschen, denn dann kamen die „München - Sendling Dieselmotoren“, die die Dreschkästen antrieben. Da die Männer vielfach nicht mehr vom Krieg heimkamen, mussten wir Kinder schon sehr bald mithelfen. Ich weiß noch gut, wie wir uns mit den Garben und den schweren Schwaben plagten, die wir von der Tenne hinüber zur Hütte ziehen mussten. Das Spielen im Stroh wäre viel schöner gewesen.

Wir halfen bei den Nachbarn auf Wiederhilfe beim Dreschen und kamen so weit herum. Ganz zeitig in der Frühe, wenn alles noch finster war, musste man trotz aller Müdigkeit schon beim Bauern sein. Es wurde gemeinsam gefrühstückt und dann ging das „Burren“ - wie wir sagten - des Dreschkastens los. Da hieß es entweder in den Kornstock oder zum Gattern, Schwaben binden. Den ganzen Tag ging es so dahin. Wenn das Korn zu feucht in den Stock gekommen war, stank es ganz arg. Bei der Dreschmaschine staubte es dafür umso mehr. Dann kam der Haferstock mit den schweren Schüppeln, die hinaufzugeben waren. Wenn einer auf der Bühne schlecht annahm, dann war es eine Schinderei. Ganz zu schweigen von dem tagelangen Säcke tragen über die engen, steilen Stiegen zu den „Troadkästen“ hinauf. Das ging dann einige Wochen so dahin, bis alle mit dem Dreschen fertig waren. Es dauerte oft bis Ende November oder Anfang Dezember.

Eine weitere Arbeit, die auch nur einige Jahrzehnte gemacht wurde, war das Erdäpfel dämpfen. Getreide wurde hauptsächlich an das Vieh verfüttert. Die Schweine bekamen Erdäpfel-Sterz. Bei den fortschrittlichen Bauern wurden in den Zwanziger-, bei den anderen in den Dreißiger-Jahren, Kartoffel-Silos gebaut. Diese wurden im Herbst nach der Ernte von den Bauern mit gedämpften Kartoffeln gefüllt. Im Winter und, wenn der Vorrat groß war, auch im Frühjahr und Sommer wurden die Schweine mit diesem Erdäpfel-Sterz gefüttert und gemästet. Nach der Kartoffelernte im Herbst zogen die Dampf-Kolonnen von Bauernhof zu Bauernhof, um die Erdäpfel von den Kellern in große zweirädrige Kessel zu füllen, an einen zentralen Dampfkessel mit Schläuchen anzuschließen und dann den heißen Dampf durch die Kartoffeln zu lassen, die dadurch gedämpft und auf diesen zweirädrigen Kesseln zu den Silos geführt wurden. Mit Brettern auf den Schuhsohlen wurden die heißen Erdäpfel zusammengestampft und verdichtet, sodass möglichst wenig Luft drinnen blieb. Diese Silos wurden dann verschlossen und der Sterz nach Bedarf herausgeholt und an die Schweine verfüttert. Das hatte aber keine Zukunft, denn kein Bauer bekam später nach den Kriegsjahren mehr die Leute, die bereit waren, wochenlang auf den Feldern die Kartoffeln zu klauben. Außerdem rieten die Wirtschaftsberater der Bauernkammer den Landwirten ab, Kartoffeln zu verfüttern, denn die Schweine wurden zu fett und dieses Fleisch wollte keiner mehr essen. Die Dämpfkolonnen verschwanden. Die Silos wurden zugeschüttet oder zusammengeschlagen, und so ist diese Zeit auch nur mehr Erinnerung.

Arbeit auf dem Bauernhof
(Anna Enengl, Schützenhofer, Maria Fichtinger)

Foto: Heuernte beim Auger in Gassen, Gassen 51. (46/420)

Im Sommer stand man um 3.00 Uhr auf und mähte mit der Sense, damit es nicht zu heiß wurde. Da mussten alle Erwachsenen und Jugendlichen des Hauses mitarbeiten. Einer blieb im Stall daheim. In der Früh wurde Suppe auf´s Feld gebracht. Bis das Heu nach Hause gebracht werden konnte, gab es viele Handgriffe zu tun: Ausrechen (es gab damals noch viele Rinnsale und Mösen, diese sind heute durch Drainagen verschwunden), mit dem Rechen das Gras umkehren, Mahden schlagen und schöbern und am nächsten Tag das Heu wieder auseinander breiten. Diese Prozedur dauerte so lange, bis das Heu trocken war. Eine Kunst war es dann noch, das Heu aufzuladen. Dabei war die richtige Technik sehr wichtig, sonst fiel die Heufuhre wieder auseinander.

Wenn das Wetter im Sommer regnerisch war, bestand die Gefahr, dass das Korn auswuchs - zu keimen begann.

Man buk noch selber das Brot und musste das Getreide zur Mühle fahren. War das Korn ausgewachsen, so war dies auch schlecht für den Brotteig, das Brot war dann oft hohl und speckig. Eine schlechte Ernte war ein Malheur, man konnte nicht, so wie heutzutage, einfach etwas kaufen, wenn das Getreide schlecht war.

Um Allerheiligen wurde das Korn gedroschen. Vier Wochen lang ging man Dreschen. Man brauchte dazu so 16 bis 17 Leute. Jeder hatte eine bestimmte Aufgabe. Beim Dreschen mit dem Dreschflegel musste man immer einen Rhythmus einhalten. Um diesen halten zu können, gab es verschiedene Sprücherl:
Bei drei Arbeitern: „Stich Katz a, stich Katz a,…
Bei vier Arbeitern: „Treib Goas zan Bock, treib Goas zan Bock,…“

Zu viert dreschen war sehr schwierig, man musste aufpassen, dass nicht einer den andern erschlug. Die Körner mussten einigemale durch die Putzmühle gedreht werden, damit die Gräten herausfielen.

Foto: Dreschen in der Graßmühle. (44/333)

Das schöne Stroh wurde zum Dachdecken verwendet. Dazu musste man Schab machen.

Am Abend nach dem Dreschen gab es bei manchen Häusern einen „Derschertanz“. Es wurde mit der Mundharmonika oder der Ziehharmonika musiziert und dazu getanzt, und es gab Spiele wie zum Beispiel das „Stockschlagen“.

Singen war damals die einzige Unterhaltung, denn es gab noch kein Radio oder Fernsehen. Unser erstes Radio bekamen wir 1958, da bekamen wir auch das Licht, vorher hatten wir keinen Strom.

Die Einleger (Maria Fichtinger)

Das wohl dunkelste Kapitel der Altenversorgung in den 30-er Jahren war die „Einlag“. Alle kranken Knechte und Mägde, die nicht mehr arbeitsfähig waren, mussten von ihrer Heimatgemeinde aufgenommen und untergebracht werden.

Da es in Landgemeinden keine Altersheime gab, wurde ein System entwickelt, welches diesem Mangel entgegentreten sollte. Von der Theorie her zwar einleuchtend, in der Praxis aber unbarmherzig und kalt. Je nach Größe des Grundbesitzes musste der Bauer tageweise, von einigen Tagen bis zu 3 Wochen, für Verpflegung und Unterkunft aufkommen. Kaum eingewöhnt mussten sie schon wieder zum Nächsten.

Ein Bild hat sich bei mir besonders eingeprägt. Lichtmess 1936, tagelang schon tobte ein Schneesturm. Von einer Hofausfahrt setzte sich ein Pferdefuhrwerk in Bewegung. Aus dem Windschatten kommend wurde es sofort von der ganzen Wucht des Schneetreibens erfasst. Auf einer armseligen Holzkiste saß mit löchrigen Decken eingehüllt ein kleines, vor Kälte zitterndes Männchen: Der Einleger. Er wurde zum Nachbar gebracht, um dort wieder ein oder zwei Wochen, sozusagen als Asylant zu verbringen. Wer diese im Alter begonnene, unstete Herumstoßerei nicht selbst hautnah gesehen hat, kann sich nicht vorstellen, wie unmenschlich das war. Was war das oft für ein klägliches Bild, wenn ein so verhärmtes Geschöpf in einer Ecke der Stube saß, dem Gespött der Kinder ausgesetzt- Kinder können oft sehr grausam sein- und wartete, bis wieder ein trostloser Tag zu Ende ging. Der Hygiene wurde kaum wo Rechnung getragen und so war es kein Wunder, dass Flöhe und manchmal auch Läuse im Gewand keine Seltenheit waren.

Die Einleger waren in der sozialen Rangordnung auf der untersten Stufe, hilflos und davon abhängig, wie sie der jeweilige Quartiergeber behandelte. Oh ja, es gab viele, die ihrer christlichen Einstellung auch dem Einleger gegenüber gerecht wurden, doch leider auch andere.

Quelle: Franz Hamminger, Lehrjahre sind keine Herrenjahre, auszugsweise Seite 60f.

Der „Brand“ im Getreidefeld (Franz Leonhartsberger, Karl Hahn)

In der Osternacht wurde früher vor der Kirche das Osterfeuer angezündet. Die Bauern legten in dieses Osterfeuer etwa 3 cm starke und 30 cm lange Haselstecken, die an der Seite, wo sie ins Feuer gelegt wurden, kreuzweise eingeschnitten waren. Wenn sie schön glühten, wurden sie abgelöscht und mit nach Hause genommen. Daher nannte man sie auch „der Brand“. In der Osternacht fand auch die Speisenweihe statt. Dazu wurde von einem in der Karwoche geschlachteten Schwein ein ganz spezielles Fleischstück gekocht, und zwar eines mit dem Schulterblattknochen drin. Das wurde noch am Karsamstag nach der Auferstehungsfeier bis auf den Knochen abgeputzt und verspeist. Es hatte nämlich in der ganzen Fastenzeit kein frisches Fleisch gegeben. Brot und Eier wurden ebenfalls geweiht und gegessen. Die beiden Schulterblattknochen wurden aufbewahrt.

Am Palmsonntag waren schon die Palmbesen geweiht worden. Auch einige kleine Palmbesen wurden gebunden und mit geweiht. Alles für den Brand!

Wenn dann das Getreide angebaut war und ein bisschen grün heraus spitzte, war die Zeit für das Brand stecken. Der Vater nahm einige ca. einen Meter lange kräftige Haselstecken und spitzte sie unten zu. Oben wurden sie kreuzweise eingeschnitten. In diese Schnittstelle kamen dann, mit einem starken Spagatgarn befestigt, die Knochen vom Schulterblatt, der Brand, ein kleines Fläschchen Weihwasser und ein kleines Palmbeserl. Davon wurde je nach Anzahl der Getreidefelder eine entsprechende Anzahl hergerichtet. Dann ging der Vater an einem Sonntagnachmittag mit diesen Utensilien hinaus in die Getreidefelder. In der Mitte eines jeden Feldes wurde so ein Stecken mit den geweihten Sachen eingesteckt. Das sollte das Feld vor Unwetter, Hagel und bösen Dingen, wie Mutterkorn – einer gefährlichen Pilzerkrankung beim Getreide - beschützen. Dem Kornmäher, der so einen Brand beim Kornmähen fand, winkte in dem Jahr besonderes Glück. Mit dem Einsatz der Erntemaschinen ging dieser Brauch verloren.